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Praxisentwicklung in der (Physio-) Therapie am Beispiel der Bewegungsförderung im Akutspital

Seit April 2017 gibt es am Universitätsspital Basel erstmals die Stelle "Leiter Praxisentwicklung Therapien". Peter Suter, Physiotherapeut und fachlicher Beirat der SART besetzt diese Stelle und ist daran die Praxisentwicklung in den Therapien zu etablieren.

Das Konzept und die Methodologie der Praxisentwicklung wird am Universitätsspital Basel seit vielen Jahren in der Pflege angewandt. Mit der Schaffung der Stelle "Praxisentwicklung Therapien" wird dies nun auf die Therapien -Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie - ausgeweitet.

 

Praxisentwicklung/PE (Practice Development/PD auf Englisch) begann in den 1980er Jahren im Pflegeberuf in England mit dem Ziel, die Pflege personenzentriert zu gestalten. Der Patient/Mensch soll dabei mit seinen Bedürfnissen ins Zentrum gestellt werden. Um die steigenden fachlichen Anforderungen an eine effektive und effiziente Leistungserbringung zu gewährleisten, sind Strategien und Prozesse notwendig, die alle am Patientenprozess Beteiligten einbinden und die Nachhaltigkeit der Veränderung sicherstellen (Manley & McCormack, 2003, Frei 2012).

 

Praxisentwicklung bezieht sich auf die kritische Sozialtheorie, die besagt und davon ausgeht, dass Menschen lernen und wachsen wollen. Dazu ist notwendig, dass sie, die Mitarbeitenden, aufgeklärt sind über ihre Möglichkeiten (Enlightenment), ermächtigt im Sinne von Fachlicher-, Sozialer- und Führungskompetenz (Empowerment) und emanzipiert im Sinne von Bewusstsein und Nutzen der Möglichkeiten der eigenen Rollen und Tragen der Verantwortung (Emanzipation). (Freire P 1972, Habermas J 1979, Harden J 1996,)

 

Nach McCormack, Manley und Titchen (2013) strebt Praxisentwicklung eine personenzentrierte und patientenorientierte Kultur an (person-centred cultures). Dies beginnt mit dem Erarbeiten einer Vision und Klarheit über gemeinsame Werte (shared values and visions). Der Prozess dorthin (transforming individuals and context of care) beginnt mit der Evaluation des gegenwärtigen Zustandes und beinhaltet Methoden, Prozesse und Werkzeuge, die dem Team, dem Mitarbeiter helfen dem gemeinsamen Ziel näher zu kommen. Dazu braucht es zwei Schlüsselstrategien: Authentisches Engagement (Autentic engagement) und Befähigung des aktiven Lernens (Facilitated active learning).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Garbett & McCormack (2002)

Am konkreten Projekt am Universitätsspital Basel «Bewegungskompetenz und Mobilität fördern» kann aufgezeigt werden wie Praxisentwicklung angewandt wird. Im Auftrag der Pflegemanagementkonferenz des Universitätsspital Basel hat ein interprofessionelles Team aus Pflege und Physiotherapie eine Ist-Erhebung durchgeführt: Mittels Interviews bei Patienten, Pflegenden, Physiotherapeuten und Ärzten wurde der Frage nachgegangen, was die Mobilität von Patienten im Akutspital fördert oder hemmt. 

 

Folgende Bereiche konnten identifiziert werden: Motivation, Wissen, Angebot und Gesundheitszustand. Das Engagement des Personals und die Eigenmotivation sind fördernde Faktoren. Fehlendes Wissen zu der Bedeutung von Bewegung und Folgen von Immobilität sowie unklare Kenntnisse zum Mobilitätsgrad hemmen. Ein vergrössertes Angebot an Physiotherapie, Bewegungsprogrammen und Hilfsmittel zu Mobilisation oder Geräte werden als fördernd betrachtet. Hemmend sind unklare Tagespläne, Wartezeiten und die fehlende Zeit des Personals. Der aktuelle Gesundheitszustand, Ängste und Unsicherheit des Patienten sind wichtige hemmende Faktoren ebenso Katheter oder Infusionen. Eine gute Analgesie ist ein häufig genannter Punkt, welcher Bewegung fördert. 

 

Diese Resultate wurden den Berufsgruppen wieder vorgelegt und Feedback eingeholt. Die Kerngruppe hat Arbeitsfelder priorisiert und interprofessionelle Arbeitsgruppen gebildet, die alle Beteiligten, so auch IT, Bau, Hotellerie oder Materialbeschaffung einbezieht.  

 

Wichtig im ganzen Prozess der Praxisentwicklung ist, dass die Beteiligten an der Basis von Anfang an einbezogen sind, also nicht nur Top-down sondern viel mehr Bottom-up.

Das Konzept der Praxisentwicklung beinhaltet viele Methodologien, welche auch in der Physiotherapie angewandt werden können um die fachliche und organisatorische Entwicklung voranzubringen.

 

Peter Suter

Leiter Praxisentwicklung Therapien

Universitätsspital Basel

peter.suter@usb.ch

 

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Für mehr Informationen sei auf das Buch "Praxisentwicklung in der Pflege" (McCormack, B., Manley K., Garbett, R. (Hrsg.), [Deutsche Ausgabe: Frei, I.A., Spirig, R.] Bern: Huber) verwiesen oder die Enhancing Practice Conference

Diese findet dieses Jahr, erstmals in der Schweiz, vom 22.-24. August in Basel statt. Healthcare professionals aus der ganzen Welttreffen sich um über ihre Erfahrungen mit Praxisentwicklung zu berichten und Erfahrungen auszutauschen. Weitere Informationen findet ihr hier