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Shoulder-Pacemaker:

Autor: Marcel Enzler, KSp MSK, Leiter Therapien

Der Shoulder-Pacemaker eine Option in der Behandlung der funktionellen hinteren Schulterinstabilität.


Bei einer funktionellen hinteren Schulterinstabilität (Polar-Typ III) arbeiten das neurale und aktive Subsystem dysfunktional zusammen. Im klinischen Alltag sehen wir verschiedene Ursachen und oder unterhaltende Faktoren. Wie zum Beispiel eine Arthrogene-myogene Inhibition (AMI), pathologische Aktivierungsmuster der Rotatorenmanschette und periskapulären Muskulatur sowie eine verminderte Mobilität der Skapula. Dadurch löst sich der Humeruskopf unter Umständen schon bei normalen körperlichen Belastungen und Bewegungen aus seiner zentrierten Position in der Gelenkspfanne. Betroffen sind meist Patientinnen und Patienten im Teenager- und oder jungen Erwachsenenalter.

 

Therapiemöglichkeiten

Aus der Literatur wissen wir, dass die strukturelle hintere Schulterinstabilität chirurgisch reparabel ist. Bei der funktionellen hinteren Instabilität hingegen lassen sich durch chirurgische Eingriffe oft keine Verbesserung erzielen. Stattdessen verschlechtern sich Schmerzen und Funktion zusätzlich, weil man die funktionelle ursächliche Komponente nicht chirurgisch adressieren kann. Deshalb gilt derzeit die konservative Physiotherapie als Behandlungsstandard. Das Shoulder Pacemaker-Therapiekonzept wurde entwickelt an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dasselbe Team zeigte in einer Pilotstudie (1), dass die Schulterstabilität während der Anwendungsdauer erfolgreich wiederhergestellt werden konnte.

 

Wie funktioniert der Shoulder Pacemaker

Das Konzept «Shoulder-Pacemaker» beinhaltet eine nichtinvasive elektrische Muskelstimulation.

 

 

Zwei Elektroden werden auf die Haut in der Region der hypoaktiven Muskelgruppen (Aussenrotatoren und Skapularetraktoren) geklebt.

 

Dort geben Sie Ihre Impulse während eines bestimmten Bewegungsablaufs ab und aktivieren / stimulieren die Muskeln, dabei lernt das Gehirn, das Ungleichgewicht (Dysbalance) unterschiedlich aktiver Muskeln zu korrigieren.

Foto: Universitätsklinik Balgrist, Carol Urfer

Studie über Shoulder Pacemaker-Therapiekonzept

Aufgrund der Erkenntnisse aus der Pilotstudie folgte eine weitere Evaluation mit 24 Patientinnen und Patienten die bereits eine erfolglose konventionelle konservative Therapie hinter sich hatten (2).

 

Sie trainierten dreimal wöchentlich während drei bis sechs Wochen gemäss dem Shoulder Pacemaker-Therapiekonzept. Alle Teilnehmenden erreichten ein freies Bewegungsausmass ohne weitere, unkontrollierte Sub- oder Luxationen. Vier der Patientinnen und Patienten waren sogar in der Lage, ihre schulterbelastenden Sportarten (Akrobatik, Volleyball, Boxen, Handball) wieder aufzunehmen. Über einen Nachuntersuchungszeitraum von 24 Monaten, wurde eine deutliche Verbesserung, der erhobenen klinischen Scores, Western Ontario Shoulder Instability Index (WOSI), Rowe Score und dem Subjective Shoulder Value (SSV) festgestellt. Bis auf gelegentlichen Muskelkater, wurden keine Nebenwirkungen und oder Komplikationen beobachtet (3).

 

Der Shoulder Pacemaker ist somit eine wirksame Behandlung, bei Patienten mit einer nicht beherrschbaren funktionellen hinteren Schulterinstabilität, bei denen eine konventionelle physiotherapeutische Behandlung nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat. Patientinnen und Patienten mit einer einseitigen Pathologie sprechen am besten auf die Behandlung an.

 

An der Universitätsklinik Balgrist wenden wir diese neue Option in der Behandlung der funktionellen hinteren Schulterinstabilitäten, nun schon seit einigen Jahren erfolgreich an. Die Patientinnen und Patienten erhalten bestimmte Übungen die sie dann unter der Anwendung des Shoulder Pacemakers nach vorgängiger Instruktion in der Klinik zu Hause selbständig durchführen können. Nach einer gewissen Zeit des Trainings (2-3Wochen), findet jeweils eine Re-Evaluation statt um die Fortschritte zu dokumentieren. Wie lange mit dem Shoulder Pacemaker trainiert werden kann - muss ist individuell.

 

 

(1) Moroder P, Minkus M, Böhm E, Danzinger V, Gerhardt C, Scheibel M. Use of shoulder pacemaker for treatment of functional shoulder instability: Proof of concept. Obere Extrem. 2017;12(2):103-108.

 

(2) Moroder P, Plachel F, Van-Vliet H, Adamczewski C, Danzinger V. Shoulder-Pacemaker Treatment Concept for Posterior Positional Functional Shoulder Instability: A Prospective Clinical Trial. Am J Sports Med. 2020;48:2097-2104.

 

(3) Danzinger V, Minkus M, Scheibel M, Moroder P. Innovationen in der konservativen Therapie der Schulterinsatbilität. Arthroskopie 2019;2:40–46.

 

 

Für weitere Auskünfte

Marcel Enzler, Fachlicher Beirat der SART

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