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Die Kniebeuge – der Squat:

Autor: Jan-Arie Overberg, MSc Sportphysiotherapie 

Die Kniebeuge ist eine der bekanntesten Übung überhaupt. Sie hat in der Regel zum Ziel, die Kraft in der unteren Extremität zu trainieren und zu verbessern.


Die Kniebeuge ist eine der bekanntesten Übung überhaupt (Coratella et al., 2021). Sie hat in der Regel zum Ziel, die Kraft in der unteren Extremität zu trainieren und zu verbessern (Kubo et al., 2019). Sämtliche grosse Beinmuskeln wie die Mm. Quadrizeps, Gluteus maximus, ischiocrurales und Gastrocnemius arbeiten dynamisch, während die Rumpfmuskulatur stabilisierend, also isometrisch aktiv ist (Coratella et al., 2021).

 

Es entsteht eine hohe Quadrizepsaktivität und eine geringe Hamstringsaktivität in exzentrischer, Umkehr-(isometrischer) und konzentrischer Phase (Slater & Hart, 2017). In breiter Ausgangsstellung zeigt sich eine vermehrte M. Adduktor longus und M. Gluteus maximus Aktivität (Krause Neto et al., 2020). In der tiefen Kniebeuge vermehrt sich die M. Gluteus maximus-Aktivität in der konzentrischen Phase (Slater & Hart, 2017). Die optimale Technik resp. Ausführung vermindert nicht nur das Verletzungsrisiko, sondern maximiert auch die Muskelaktivität der Haupt-Bewegungs-muskulatur und führt zu besseren Ergebnissen im Transfer zu sportartspezifischen Bewegungsaufgaben. Folgende Elemente sind in der optimalen Technik enthalten (Comfort et al., 2018)

                                                                    Ausgangs- und Endstellung der Kniebeuge (Abbildungen SART©)

 

 

Es gibt eine grosse Fülle an Kniebeuge-Varianten. Abgeleitet vom Basic oder Back Squat werden auch Zercher Squat, Pistol Squat, Overhead Squat, Hack Squat, Front Squat, Sumo Squat, Jefferson Squat, Spanish Squat und viele mehr trainiert.

 

Mögliche Anpassungen im Squat sind Änderungen der Standbreite, Fussstellungswinkel, Hüft-Tiefe und zusätzliches Gewicht (Lorenzetti et al., 2018).

 

Bezüglich der Squat-Tiefe werden 4 Varianten beschrieben: 

 

Unabhängig der Squat-Tiefe (90° - 130° Knieflexion) vergrössert sich der Muskelquerschnitt der Vasti, nicht aber des M. Rectus femoris. Training mit tiefen Kniebeugen ist effektiver für die Entwicklung der Muskeln der unteren Extremitäten (inkl. M. Gluteus max.), ausgenommen des M. Rectus femoris und der hinteren Oberschenkelmuskulatur (Kubo et al., 2019).

 

Der Low Barbell Back Squat arianten ist die effizientere Art, möglichst grosse Lasten zu bewegen. Umgekehrt ist der High Barbell Back Squat  besser geeignet, um Bewegungen mit aufrechter Oberkörperhaltung (wie die Übungen Clean und Jerk) oder die Knieumgebende Muskulatur zu trainieren (Glassbrook et al., 2017).

 

Aus den erwähnten und weiteren Arbeiten lässt sich (mit EMG) ableiten, dass Kniebeuge-Varianten im Vergleich zum Basic Squat  unterschiedliche Muskelaktivierung in Abhängigkeit von der Kniebeugen-Variante aufzeigen (Coratella et al., 2021). 

 

Der allgemeine Kraftaufbau während einer Rehabilitation erfolgt über das koordinative Erlernen der Übung, der Kraftausdauer, zwingend gefolgt vom Hypertrophie-Training bis zum Maximalkraft-Training. Als Tool dazu kann das Kraft-Rehabilitations-System (KRS) dienen (van de Goolberg, 2021).

 

Im vielseitig-zielgerichteten Training muss die erworbene Maximalkraft in die Schnelligkeit transferiert werden, hier sind die wichtigsten Methoden das Schnellkraft- und Explosivkraft-Training, gefolgt von Plyometrie unter Anwendung des Dehnungs-Verkürzungszyklus (DVZ) ((Bant, 2011), (Ferrauti, 2020), (Hegner, 2020)).

 

Der Squat und gegebenenfalls Varianten können in allen oben genannten Methoden angewendet werden. Deshalb kann der Squat als Hauptübung der unteren Extremität definiert werden. In der Entwicklung der allgemeinen Kraft sind es Formen mit Zusatzgewicht, welches bis zum (Sub)Maximalkrafttraining maximal schwerer wird. Wird die Schnelligkeit entwickelt, nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit die Zusatzlast wieder ab bis hin zum plyometrischen Sprungtraining mit eigenem Körpergewicht.

 

Die schweren halben Kniebeugen  (4 Wiederholungen mit individuellem 5RM) mit konzentrisch maximal schneller Ausführung steigern die Kraft, Leistung, Geschwindigkeit und Kraftentwicklungsrate (rate of force development RFD) im Vergleich zu denselben Kniebeugen mit normaler Ausführung (O’Grady et al., 2021)Back Squats (und auch Variationen) werden mit dem Ziel Hypertrophie der Beinmuskulatur ein-gesetzt (Krause Neto et al., 2020)

 

Im Folgenden sind einige Aspekt für die Anwendung des Squats in der Rehabilitation zusammengefasst: Die Bewegung einer tiefen Kniebeuge  findet in der geschlossenen kinetischen Kette statt. Diese wird durch die Bewegung jedes einzelnen Gelenks beeinflusst; die Bewegung jedes Gelenks wird leicht durch die Hemmung eines anderen Gelenks beeinträchtigt (Endo et al., 2020). Abweichungen vom korrekten, neutralen Alignement (korrekte Beinachse, kein Valgus) haben einen Einfluss auf die Muskelaktivität und stellen eine erhöhte Verletzungsgefahr dar.

 

Eine verminderte Quadriceps- und eine vermehrte Hamstrings- und Gastrocnemius-Aktivität deuten an, dass das Sprung-, Knie- u/o Hüftgelenk instabil sind (Slater & Hart, 2017). Tiefe Kniebeuge (parallel und full Squat) verbessern die neuromuskuläre und funktionelle Leistungsfähigkeit bei Anfängern und Topathleten und reduzieren die Verletzungsgefahr von Bindegewebsstrukturen, während Training mit half Squats bescheidenere Resultate liefert und mehr Schmerzen und Muskelkater hervorrufen kann (Pallarés et al., 2020). Dies unter Voraussetzung, dass die tiefen Kniebeugen optimal durchgeführt wurden (Comfort et al., 2018).

 

Ein optimaler Knievorschub nach ventral ist nicht definiert. Weitere Studien dazu sind nötig, um Wirbelsäule, Hüft- und Kniegelenke keinem Risiko auszusetzen (Slater & Hart, 2017). Während der Bewegungsbewertung führen viele Athleten aufgrund von Ausgleichsbewegungen asymmetrische Kniebeugen aus, einschliesslich Innen- und Aussenrotation des Hüftgelenks, Beckenneigung, Rumpfrotation und seitliche Biegung, obwohl die Squat-Bewegung insgesamt grundsätzlich symmetrisch ist (Endo et al., 2020). Escamilla et al. (2001) propagieren eine geringere, „funktionelle“ Beugetiefe (bis 50° Knieflexion), wenn patello-femorale oder tibio-femorale Kompressionskräfte unerwünscht sind.

 

Doch in vielen sportartspezifischen Bewegungsmustern sind tiefen Kniebeugen bis 118° Knieflexion enthalten wie zum Beispiel im „Fangmoment“ bei den Übungen Clean oder Snatch (Souza & Shimada, 2002). Zusätzlich sind grössere Leistungssteigerungen zu erwarten, wenn tiefen Kniebeugen trainiert werden (Hartmann et al., 2012) (Comfort et al., 2018). Schliesslich erreichen Frauen, unabhängig in welcher Phase ihres Menstruationszyklus sie sich befinden, ähnliche Schnelligkeits-, Kraft- und Leistungswerte bei halben Kniebeugen (20, 40, 60 und 80% ihres individuellen 1RM) in der Smith-Press (Romero-Moraleda et al., 2019)

Literaturverzeichnis

 

Bant, H. et al. (2011). Sportphysiotherapie. Thieme Verlag. 

 

Comfort, P., McMahon, J. J., & Suchomel, T. J. (2018). Optimizing squat technique-revisited. Strength and Conditioning Journal, 40(6), 68–74. https://doi.org/10.1519/SSC.0000000000000398 

 

Coratella, G., Tornatore, G., Caccavale, F., Longo, S., Esposito, F., & Cè, E. (2021). The activation of gluteal, thigh, and lower back muscles in different squat variations performed by competitive bodybuilders: Implications for resistance training. International Journal of Environmental Research and Public Health, 18(2), 1–11. https://doi.org/10.3390/ijerph18020772 

 

Endo, Y., Miura, M., & Sakamoto, M. (2020). The relationship between the deep squat movement and the hip, knee and ankle range of motion and muscle strength. Journal of Physical Therapy Science, 32(6), 391–394. https://doi.org/10.1589/jpts.32.391 

 

Ferrauti, A. (2020). Trainingswissenschaft für die Sportpraxis (Vol. 46, Issue 12). Springer Verlag. https://doi.org/10.5414/atx02470 

 

Glassbrook, D. J., Brown, S. R., Helms, E. R., Duncan, S., & Storey, A. G. (2017). The High-Bar and Low-Bar Back-Squats: A Biomachanical Analysis. Journal of Strength and Conditioning Research, 33(7), 1–18. 

 

Hegner, J. (2020). TRAINING fundiert erklärt (7.). INGOLD Verlag. 

 

Krause Neto, W., Soares, E. G., Lima Vieira, T., Aguiar, R., Andrade Chola, T., De Lima Sampaio, V., & Gama, E. F. (2020). Gluteus Maximus

Activation during Common Strength and Hypertrophy Exercises: A Systematic Review. Journal of Sports Science and Medicine, 19(November 2019), 195–203. http://www.jssm.org 

 

Kubo, K., Ikebukuro, T., & Yata, H. (2019). Effects of squat training with different depths on lower limb muscle volumes. European Journal of Applied Physiology, 119(9), 1933–1942. https://doi.org/10.1007/s00421-019-04181-y 

 

Lorenzetti, S., Ostermann, M., Zeidler, F., Zimmer, P., Jentsch, L., List, R., & Schellenberg, F. (2018). How to Squat? Effects of various stance widths foot placement angles and level.pdf. BMC Sports Science, Medicine and Rehabilitation, 10(1), 1–11. 

 

O’Grady, M. W., Young, W. B., Behm, D. G., & Talpey, S. W. (2021). Effect of Intention to Squat Explosively on Acute Countermovement Jump Performance. Journal of Strength and Conditioning Research, 35(12), 3348–3354. https://doi.org/10.1519/JSC.0000000000003325 

 

Pallarés, J. G., Cava, A. M., Courel-Ibáñez, J., González-Badillo, J. J., & Morán-Navarro, R. (2020). Full squat produces greater neuromuscular and functional adaptations and lower pain than partial squats after prolonged resistance training. European Journal of Sport Science, 20(1), 115–124. https://doi.org/10.1080/17461391.2019.1612952 

 

Slater, L. V., & Hart, J. M. (2017). Muscle Activation Patterns During Different Squat Techniques. Journal of Strength and Conditioning Research, 31(3), 667–676. 

 

van de Goolberg, T. (2021). De Rehaboom: een methodische aanpak in de sportrevalidatie. 20/10 Uitgevers.