Ein Thieme Blog von Steffen Held, Ludwig Rappelt, Tim Wiedenmann, Kevin Speer, Lars Donath
Geschwindigkeitsbasiertes Krafttraining verbessert die Sprung-, Spring- und Kraftleistung.
Die Autoren haben verschiedene Studien miteinander verglichen, um herauszufinden, ob
die Trainingseffekte hierbei besser sind als bei traditionellem Krafttraining.
Einleitung
Krafttraining ist zentraler Bestandteil des Trainings zahlreicher Sportarten[8][16]. Neben morphologischen und funktionellen Anpassungen auf der muskulären Ebene [14] profitieren auch relevante Leistungsindikatoren wie Kraft, Sprung- und Sprintleistung maßgeblich von einem ange- messenen Krafttraining [52]. Traditionelles Krafttraining stützt sich hierbei hauptsächlich auf Trainingsmethoden, die auf einem bestimmten Prozentsatz des Einwiederholungsmaximums (1RM) oder einer autoregulativen Methode (wahrgenommene Anstrengung oder verbleibende Wiederholungen) basieren [55].
In den letzten Jahrzehnten hat jedoch das geschwindigkeitsbasierte Krafttraining (VBT = Velocity Based Training) als alternative Krafttrainingsmethode zunehmend an Bedeutung gewonnen [15]. Während des VBT wird die Trainingsintensität durch Monitoring der mittleren konzentrischen Geschwindigkeit (MCV) jeder Wiederholung [15] mithilfe von Inertial- [21] oder Seilzug-Sensoren [22] gesteuert.
Im Allgemeinen steigt das Ermüdungsniveau als Funktion der zunehmenden Anstrengung während eines Krafttrainingssatzes allmählich an [49]. Daher bietet eine abnehmende MCV innerhalb eines Krafttrainingssatzes ein praktikables, einfaches und vielversprechendes Instrument, um Ermüdungsniveaus klar zu objektivieren [49]. VBT ermöglicht somit die Anwendung eines homogenen Trainingsreizes für verschiedene Individuen [40] und die Steuerung des Krafttrainings ohne übermäßige Erschöpfung [39]. Weiterhin erlaubt die Anwendung der „Zwei-Punkt-Methode“
[12] eine 1RM-Abschätzung ohne Anwendung von Maximalbelastungen.
Im Vergleich zum traditionellen, auf dem 1RM basierenden Krafttraining mit großen Tag-zu-Tag-Schwankungen der individuellen Kraftleistungen [28][29] wird der Zusammenhang zwischen Last und Geschwindigkeit als robust im Hinblick auf langfristige Trainingsfortschritte angesehen [15].
Der Begriff VBT umfasst eine Vielzahl von Krafttrainingsmethoden [53]. Die beiden zentralen Methoden umfassen die Geschwindigkeitszonen (d. h. das Absolvieren eines Krafttrainings innerhalb eines vordefinierten individuellen Geschwindigkeitsbereichs) und die Geschwindigkeitsverlustschwellen (d. h. das Ausführen von Wiederholungen innerhalb eines Satzes, bis die Geschwindigkeit unter eine vordefinierte Schwelle fällt) [38].
In diesem Zusammenhang deuten zwei kürzlich veröffentlichte systematische Übersichtsarbeiten [3][54] auf ein überlegenes Anpassungspotenzial des VBT in Bezug auf 1RM, Sprint- und Sprungleistung hin. Dabei betrug die Geschwindigkeitsverlustschwelle 10–20 %. Diese Übersichtsarbeiten basieren jedoch nur auf einem paarweisen Vergleich zweier Krafttrainingsmethoden (z. B. VBT vs. TRF), wodurch die Vielzahl der unterschiedlichen VBT-Methoden nicht adäquat abgebildet werden konnten.
Daher kann eine Netzwerk-Metaanalyse (NMA siehe Kasten), die die Schätzung von Effektgrößen auf der Grundlage sowohl direkter als auch indirekter Studienvergleiche ermöglicht, als geeignete Alternative zur Zusammenfassung der verfügbaren Evidenz im Bereich des geschwindigkeitsbasierten Krafttrainings dienen. Insbesondere ermöglicht diese Methode die Schätzung vergleichender Effekte von Interventionen, die in randomisierten Studien nicht direkt miteinander verglichen wurden [5]. Durch die Anwendung einer NMA ist es daher möglich, VBT-Methoden mit verschiedenen Geschwindigkeitsverlustschwellen oder Geschwindigkeitszonen gegenüber traditionellen Krafttrainingsmethoden zu vergleichen.
Vor diesem Hintergrund zielte die vorliegende Netzwerk-Metaanalyse darauf ab, die Effekte verschiedener Krafttrainingsinterventionen zu untersuchen und miteinander zu vergleichen. Auf diese Weise war es möglich, zwischen traditionellen und geschwindigkeitsbasierten Trainingsmethoden auf der Grundlage von maximalen und explosiven Leistungsindizes zu differenzieren. Wir vermuten, dass die Begrenzung des MCV-Verlusts auf eine untere Grenze die Anpassungen der Schnellkraftleistung verbessern wird. Die Gesamtergebnisse dieser NMA könnten Trainern und Forschern helfen, ihr Training gezielter auf beabsichtigte Trainingseffekte anzupassen.
Methoden
Such- und Screeningverfahren
Diese Übersichtsarbeit wurde in Übereinstimmung mit PRISMA-NMA Guidelines durchgeführt [25]. Die Literatursuche und der Screeningprozess wurden unabhängig voneinander von zwei Untersuchern (KS und HB) durchgeführt. Vier gesundheitsbezogene, biomedizinische und psychologische Datenbanken (PubMed, Web of Science, PsycNet und SPORTDiscus) wurden von der Gründung des jeweiligen Journals bis zum 6. Dezember 2021 durch- sucht. Relevante Suchbegriffe (Operatoren) wurden mit Boolean-Verknüpfungen (ODER/UND) kombiniert und auf zwei Suchebenen angewendet (▶ Tab. 1).
Zusätzlich wurden relevante Primärartikel und Übersichtsarbeiten nach weiteren relevanten Treffern durchsucht. Duplikate wurden entfernt und die verbleibenden Studien wurden einer manuellen Überprüfung unterzogen. Diese Überprüfung erfolgte schrittweise anhand von (1) Titeln,
Abstracts und (3) Volltexten der potenziell geeigneten Artikel. Die endgültige Entscheidung über die Einbeziehung oder den Ausschluss wurde von zwei unabhängigen Forschern (KS und SH) getroffen. Die folgenden Einschluss- kriterien basierten auf dem PICOS-Ansatz [Population (P), Intervention (I), Vergleichsgruppen (C), Outcome (O) und Studiendesign (S)]: Volltextartikel, der in englischer Sprache in einer Peerreviewed Fachzeitschrift veröffentlicht wurde; Teilnehmer waren gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren (P) ohne kognitive, neurologische, orthopädische und/oder kardiologische Erkrankungen, welche die körperliche Testung und das Training beeinträchtigen könnten;
(2) geschwindigkeitsbasiertes Training wurde als untersuchte Interventionsstrategie verwendet (I); eine aktive und/oder passive bzw. inaktive Kontrollgruppe(n), die keine Intervention erhielt, diente als Vergleichsbedingung (C); mindestens einer der Kraft- (1RM), Sprung- (Counter Movement Jump oder Squat Jump) und Sprint- (10–30 m) Leistungsparameter wurde erfasst (O); und prospektive zwei- oder mehrarmige kontrollierte Interventionsstudien mit Vor- und Nachtestung und einer Dauer von mehr als 7 Tagen (S). Die Ausschlusskriterien waren: keine angemessenen Kontrollbedingungen, die eine Integration in das Netzwerk unmöglich machten.
Bewertung der methodischen Qualität der eingeschlossenen Studien
Die methodische Qualität (einschließlich des Publikations- Bias-Risikos) der eingeschlossenen Studien wurde unabhängig voneinander mit der PEDro-Skala (Physiotherapy Evidence Database) bewertet [33]. Die PEDro-Skala enthält 11 dichotome Kriterien (ja oder nein), bei denen die Kriterien 2–9 die Randomisierung und interne Validität bewerten, die Kriterien 10–11 das Vorhandensein von statistisch replizierbaren Ergebnissen. Kriterium 1 bezieht sich auf die externe Validität, wird jedoch nicht zur Berechnung des PEDro-Scores herangezogen. Die Studien wurden unabhängig voneinander von zwei Gutachtern (KS und HB) bewertet, die sich bei jedem Kriterium einigen mussten. Nicht übereinstimmende Studienbewertungen wurden von zwei Gutachtern (KS und SH) punktweise diskutiert, die dann eine gemeinsame konsensuale Entscheidung tra- fen. Um eine hochwertige Studie zu repräsentieren, musste der PEDro-Score auf einer Skala von 0–10 mindestens 6 betragen [33].
Datenextraktion
Relevante Daten, welche zur Berechnung der Effektgrößen erforderlich sind, wurden unabhängig von zwei Forschern (KS und SH) extrahiert. Hierzu wurde eine standardisierte Excel-Tabelle, die an die Vorlage der Cochrane Collaboration angelehnt ist [24], verwendet. Mittelwerte und Standardabweichungen aller Kraft-, Sprung- und Sprinttests wurden vor und nach der jeweiligen Intervention extrahiert. Ebenso wurde die Anzahl der Teilnehmer, die jeder Gruppe zugeordnet war, dokumentiert. Wenn entsprechende Angaben nicht im Volltextartikel berichtet wurden, sind entweder die Mittelwerte und die gepoolten Standardabweichungen der Differenzen innerhalb der Gruppen erfasst worden oder die Autoren des Artikels wurden kontaktiert. Wenn Studien nur Mittelwerte und Standardabweichungen in Abbildungen präsentierten, wurde der WebPlotDigitizer Version 4 (Free Software Foundation, Boston, MA, USA) verwendet, um Mittelwerte mit Standardabweichungen zu ermitteln. Bei mehreren relevanten neuromuskulären Tests wurden Effektgrößen und Standardfehler zusammengefasst, um eine Überrepräsentation von Befunden aus einer Studie zu vermeiden. Anschlie- ßend wurden alle neuromuskulären Tests und Ergebnisse in Kraft-, Sprung- und Sprint-Parameter kategorisiert. Zusätzlich zu diesen Ergebnissen wurden auch relevante Studieninformationen wie Autor, Jahr, Anzahl der Teilnehmer, Interventionsdaten (Wochen, Häufigkeit, Dauer pro Trainingseinheit, Art der Intervention), Kontrollbedingungen und PEDro-Skala-Werte erfasst. Zur Vereinfachung der Netzwerke wurden ähnliche Interventionen in Low Veloci- ty Loss (LowVL), High Velocity Loss (HighVL), Repetitions-in-Reserve-basiertes Training (RIR), geschwindigkeitsbasiertes Krafttraining (VBT) und traditionelles 1RM-basier- tes Krafttraining (TRT) zusammengefasst. Dabei wurden LowVL und HighVL als Geschwindigkeitsverluste von ≤ 20 % bzw. > 20 % definiert.
Statistik
Die standardisierte mittlere Differenz (SMD) und ihre 95 %igen Konfidenzintervalle (95 % CI) wurden als Maß für die Wirksamkeit der jeweiligen Interventionen berechnet. Dabei wurden SMDs als Differenzen zwischen den Mittelwerten dividiert durch die gepoolten Standardabweichun- gen berechnet (trivial: SMD < 0,2; klein: 0,2 ≤ SMD < 0,5; moderat: 0,5 ≤ SMD < 0,8; groß: SMD ≥ 0,8) [6]. Anschließend wurden drei separate Netzwerkmodelle für die Kraft-, Sprint- und Sprungdaten gebildet. Um die Netzwerke zu visualisieren, wurde für jedes der drei Netzwerke ein Netzwerkdiagramm erstellt.
Die Schätzungen der Interventionseffekte wurden auf Basis eines Random-Effects-Modells berechnet [50]. Die Kontrollgruppe, die als traditionelles Krafttraining (TRT) definiert wurde, diente als Referenzgröße. Ein Ranking konnte auf Basis des P-Scores der einzelnen Interventionen erstellt werden. Diese P-Score-Berechnung wird aus der Schätzung der Effektgrößen von paarweisen Interventionsvergleichen und der Annahme, dass deren Punktschätzungen normalverteilt sind, ermittelt. P-Scores lie- gen zwischen 0 und 100 %, wobei 0 oder 100 die theoretisch schlechteste bzw. beste Intervention sind [24]. P-Scores in einer frequentistischen NMA sind analog zu den Surface-Under-Cumulative-Ranking-Werten (SUCRA- Werten) [35], die in Bayesian NMA genutzt werden [24], zu interpretieren. Zusätzlich wurden Forest-Plots erstellt, um das Ranking und die Effekte der Interventionen zu visualisieren.
Die aufgeschlüsselten Q-Statistiken (innerhalb und zwischen den Designs) wurden genutzt, um mögliche Heterogenität und Inkonsistenz zu beurteilen. Heterogenität und Inkonsistenz wurden weiter durch den I2 quantifiziert [23]. Funnel-Plots wurden erstellt, um mögliche Publikationsverzerrungen zu prüfen, wobei der Egger-Test für Asymmetrien [9] verwendet wurde. Alle Berechnungen und Ab- bildungen wurden mit der R-Software (Version 4.1.1; The R Foundation for Statistical Computing) und dem Paket „netmeta“ [47] durchgeführt.
Ergebnisse
Screeningverlauf
Insgesamt wurden zunächst 12 206 potenziell relevante Artikel gefunden (▶Abb. 1). Nach Entfernung der Duplikate wurden 9574 Artikel-Titel und -Abstracts sorgfältig auf Relevanz unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien geprüft. Die Volltexte der verbleibenden 138 potenziell relevanten Artikel wurden gründlich gescreent. Insgesamt sind in der Folge 125 Artikel ausgeschlossen worden, da sie die Einschlusskriterien nicht erfüllten oder die Ausschlusskriterien erfüllt wurden. Folglich wurden die Daten für die Analyse aus einer endgültigen Auswahl von 13 Artikeln (▶ Tab. 2) extrahiert.
Studienmerkmale und Qualität
Die eingeschlossenen Studien (311 gesunde Erwachsene) bestanden im Mittel aus 24 ± 11 Teilnehmern pro Studie (Bereich 10–55) mit einem Durchschnittsalter von 23,0 ± 1,7 Jahren (Bereich 19,6–26,0 Jahre). Die durchschnittliche Studienqualität war hoch, was sich in einem PEDro-Score von 5,9 ± 0,3 (Be- reich 5–6; ▶ Abb. 2) widerspiegelt. Abgesehen von einem dreiarmigen Design [45] verwendeten die übrigen Studien ein zweiarmiges Design [2][4][7][11][22][27][37][42] [44][46][51].
Kraft-, Sprung- und Sprint-Netzwerk
Die Kraft-, Sprung- und Sprint-Netzwerke zeigen geringe Heterogenität und keine signifikanten Inkonsistenzwerte (I2- und Q-Statistiken; ▶ Abb. 3). Die Auswertungen der Funnel-Plots und die nicht signifikanten Egger-Tests weisen kein Risiko für publikationsbedingte Verzerrungen im Kraft-, Sprung- und Sprint-Netzwerk (▶ Abb. 4) auf.
Die ▶ Abb. 3 veranschaulicht die Rangfolge der Interventio- nen und den paarweisen Vergleich. Im Kraft-Netzwerk (▶ Abb. 3A) wurden Daten aus 13 Studien (276 Teilnehmer), die insgesamt 15 Effektgrößen (paarweise Vergleiche) repräsentieren, einbezogen. Der häufigste Vergleich war LowVL vs. HighVL (n = 7), gefolgt von VBT vs. TRT (n = 4) und LowVL vs. TRT (n = 2). Das Sprung-Netzwerk (▶ Abb. 3B) basiert auf 10 Studien (220 Teilnehmer) und repräsentiert insgesamt 10 Effektgrößen (paarweise Vergleiche). Der häufigste Vergleich war LowVL vs. HighVL (n = 6), gefolgt von VBT vs. TRT (n = 3).
Das Sprint-Netzwerk (▶Abb. 3C) enthielt Daten aus 9 Studien (204 Teilnehmer) und repräsentierte insgesamt 9 Effektgrößen (paarweise Vergleiche). Der häufigste Vergleich war LowVL vs. HighVL (n = 6), gefolgt von VBT vs. TRT (n = 2).
Diskussion
Dies ist die erste Netzwerk-Metaanalyse, die die Effekte verschiedener geschwindigkeitsbasierter Krafttrainingsmethoden mit traditionellem 1RM-basierten Krafttraining auf Basis direkter und indirekter Vergleiche untersucht. Interessanterweise rangierten (hohe und niedrige) geschwindigkeitsverlustbasierte Krafttrainingsmethoden (basierend auf den P-Werten) konsequent auf den ersten beiden Plätzen für das Kraft-, Sprung- und Sprint-Netzwerk. Alle drei Netzwerke zeigten kleine bis moderate positive Effekte sowohl für hohe als auch für niedrige geschwindigkeitsverlust- basierte Krafttrainingsmethoden im Vergleich zu einem traditionellen Krafttraining.
Andere geschwindigkeitsbasierte Krafttrainingsmethoden rangierten konsequent zwischen dem dritten und vierten Platz gemäß der P-Wert-Rangfolge der Kraft-, Sprung- und Sprint-Netzwerke. Dabei zeigten die anderen geschwindigkeitsbasierten Krafttrainingsmethoden unterschiedliche Effekte auf Kraft-, Sprung- und Sprintleistung, von kleinen negativen bis zu trivialen positiven. Traditionelle 1RM- und wiederholungsbasierte Krafttrainingsmethoden rangierten zwischen dem dritten und fünften Platz, mit moderaten negativen bis zu trivialen positiven Effekten auf Kraft-, Sprung- und Sprintleistung.
Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse [31] zeigte ähnlich positive Effekte von VBT und TRF auf die Kraftleistung (MD = 3,03 kg; 95 % CI: –3,55, 9,61; I2 = 0 %) trotz eines geringeren Trainingsvolumens der VBT-Methoden. Basierend auf P-Werten ergaben unsere Ergebnisse günstige Effekte von sowohl hohen als auch niedrigen geschwindigkeitsverlustbasierten Krafttrainingsmethoden (auf die Kraftleis- tung) im Vergleich zu traditionellen 1RM- oder RPE-basier- ten Krafttrainingsmethoden. Insgesamt führt traditionelles 1RM-basiertes Krafttraining bis zum Versagen nicht zwangs- läufig zu höheren Kraftzuwächsen [26]. Darüber hinaus zeigten aktuelle Ergebnisse eine reduzierte Trainingsbelastung und einen geringeren Erholungsbedarf bei geschwindigkeitsverlustbasiertem Krafttraining mit niedrigem Geschwindigkeitsverlust [22]. Dieser Befund wurde von anderen Forschern [49] bestätigt, die eine hohe Korrelation zwischen steigendem Geschwindigkeitsverlust und mechanischem oder metabolischem Stress beobachteten. Darüber hinaus erholt sich die neuromuskuläre Leistungsfähig- keit schneller nach einem geschwindigkeitsverlustbasierten Krafttraining mit niedrigem Geschwindigkeitsverlust als nach Ansätzen mit hohem Geschwindigkeitsverlust [43].
In Übereinstimmung mit einer früheren systematischen Übersichtsarbeit [54] beobachten wir (basierend auf P-Werten) günstige Effekte von Krafttrainingsmethoden mit niedrigem Geschwindigkeitsverlust auf die Anpassungen der Sprungleistung. In diesem Zusammenhang scheinen Ansätze mit hohem Geschwindigkeitsverlust negative Auswirkungen auf die Typ-IIX-Muskelfasern zu haben
[41].
Während acht Wochen geschwindigkeitsverlustbasierten Krafttrainings mit niedriger Geschwindigkeit keine Reduktion des Typ-IIX-Faseranteils (des M. vastus lateralis) hervorriefen, führte geschwindigkeitsverlustbasiertes Krafttraining mit hoher Geschwindigkeit zu einer signifikanten Reduktion des Typ-IIX-Anteils [41]. Insbesondere wurde die von der Rate of Force Development abhängige Sprungleistung [30][32][36] dem Anteil der IIX-Fasern zu- geschrieben [1]. Diese früheren Ergebnisse bestätigend, zeigten Martinez-Canton und Kollegen [34] eine erhöhte CAMKII(Calmodulin-Kinase-II)-Aktivität durch Krafttraining mit hohen Geschwindigkeiten, die mit einer Abnahme der IIX-Isoformen durch eine Veränderung im Kalzium-Handling in Verbindung gebracht wurde [13]. Daher folgerten Pareja-Blanco und Kollegen [42] in Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen, dass ein optimaler Geschwindigkeitsverlust für die Entwicklung der Sprungleistung zwischen 10 und 20 % liegt.
Obwohl Pareja-Blanco und Kollegen [42] die Vorteile eines geringen Geschwindigkeitsverlusts für Anpassungen der Sprintleistung betonen, zeigt eine aktuelle Metaanalyse [31] vergleichbare Anpassungen der Sprintleistung bei geringem und bei hohem Geschwindigkeitsverlust (MD = 0,01 s; 95 % CI: –0,06, 0,07; I2 = 0 %). Im Gegensatz dazu schneiden die Krafttrainingsmethoden mit hohem Geschwindigkeitsverlust in unserem P-Score-Ranking am besten ab. Allerdings ist eine große Überschneidung in den Varianzen der Methoden mit geringem und hohem Geschwindigkeitsverlust festzustellen. Dieser Umstand erschwert eine klare Unterscheidung bezüglich Effektivität. Dennoch zeigt unser Ranking eine deutliche Lücke zwischen beiden geschwindigkeitsver- lustbasierten Methoden und RPE, VBT und TRT. Dieser Befund unterstreicht den Wert der geschwindigkeitsverlust-basierten Krafttrainingsmethoden.
Unabhängig von den hohen P-Scores zeigten die Krafttrainingsmethoden mit geringem und hohem Geschwindigkeitsverlust im Vergleich zu einem traditionellen Krafttraining nur geringe bis mittlere positive Effekte. Darüber hinaus ergaben 95 %-Konfidenzintervalle kleine negative (–0,42) bis große positive (+ 1,26) Effekte auf Kraft, Sprung- und Sprintanpassungen im Vergleich zu einem traditionellen Krafttraining. Dennoch sind diese geringen Effekte angesichts der niedrigeren Belastungen und des dadurch reduzierten Erholungsbedarfs, der mit einem geringeren Geschwindigkeitsverlust verbunden ist [22][43] [49], für Sportler und Trainer aus kurz- und langfristiger Perspektive im Trainingsprozess relevant. Eine entsprechende Stichprobengrößenabschätzung für eine randomisierte Crossover-Studie (gepaarter t-Test; SMD = 0,41; α-Fehler = 0,05; Power (1-β-Fehler) = 0,90) unter Verwendung von G*Power (Version 3.1.9.6) [10] ergab jedoch eine erforderliche Stichprobengröße von ≥ 50 Teilnehmern, was weit über der durchschnittlichen Stichprobengröße der in dieser Netzwerk-Metaanalyse eingeschlossenen Studien liegt. Zukünftige Forschungen zu geschwindigkeitsbasiertem Krafttraining sollten daher größere Stichprobengrößen oder individualisierte Ansätze mit häufigeren wiederholten Messungen [19][20] berücksichtigen. Single-Subject-Designs [19][20] und/oder bayesianische Statistiken unter Verwendung informativer Prior-Informationen [17] könnten diesen stichprobengrößenbedingten Einschränkungen entgegenwirken [18].
Eine Limitation der aktuellen Netzwerk-Metaanalyse besteht darin, dass nur 14 Studien identifiziert werden konnten, die unseren Einschlusskriterien entsprachen. Die strengen Einschlusskriterien waren notwendig, um homogene Netzwerke zu bilden. Darüber hinaus wird diese Entscheidung durch den Befund bestätigt, dass unsere Netzwerkmodelle keine ausgeprägte Heterogenität oder Inkonsis- tenz aufweisen. Zusätzlich ermöglicht der verwendete netz- werkmetaanalytische Ansatz die Effektgrößenschätzung auf der Grundlage sowohl direkter als auch indirekter Studienvergleiche [48] Darüber hinaus stimmen unsere Ergebnisse trotz der genannten Einschränkungen mit früheren Über- sichtsarbeiten und Metaanalysen überein [31][54].
Kommentar schreiben