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Angela Boutellier - Effekt von Kraft und Ausdauer auf WS Problematik

Rückenschmerzen - leider werden die meisten von uns irgendwann im Leben damit konfrontiert werden. Einige wenige, gemäss Literatur rund 20%, entwickeln daraus chronische Schmerzen. Viele mögliche Gründe dafür werden diskutiert, unter anderem die Muskulatur. Angela Bouteiller hat ihre Masterarbeit dem spannenden Thema gewidmet und als Beste abgeschlossen. Wir gratulieren!

Eine veränderte Rumpfmuskelfunktion wurde bei Personen mit chronischen Rückenschmerzen mehrfach beschrieben. Allerdings mit widersprüchlichen Ergebnissen bezüglich Kraft, Kraftausdauer und Koordination, je nach Design und Fragestellung der Studie.   

 

Spannend könnte dies bei sitzend arbeitenden Personen sein, da diese Personengruppe öfters an Rückenschmerzen leidet. Bei dieser Bevölkerungsgruppe wurde auch eine reduzierte Leistungsfähigkeit der Rumpfmuskulatur beschrieben. Dies wiederum kann zu einer Mehrbelastung der passiven Strukturen der Wirbelsäule führen.

Bei chronisch unspezifischen Rückenschmerzen kanne eine aktive Rehabilitation hilfreich sein. Wie das Training aber konkret aussehen sollen um effizient zu sein, bleibt offen.

 

Ob und bei welchen Parametern Auffälligkeiten bei der Muskelfunktion bei sitzend arbeitenden Personen mit unspezifischen Rückenschmerzen bestehen, und ob die Muskelfunktion die Einschränkungen im Alltag aufgrund der Rückenschmerzen erklären kann, wurde deshalb zum Thema meiner Masterarbeit.

 

Dafür absolvierten je 16 Personen mit und ohne Rückenschmerzen einen isokinetischen Krafttest (Cybex) und einen Kraftausdauertest (Biering-Sorensen), wobei gleichzeitig mittels Elektroden die Rumpfmuskelaktivität gemessen wurde. Einerseits um die Ermüdung während des Ausdauertests zu erfassen (Steigung der Medianfrequenz), andererseits um die Kokontraktion der Bauch- und Rückenmuskulatur während der isokinetischen Kraftmessung zu messen. Mit einem Fragebogen (Oswestry Disability Index ODI) wurde zudem die rückenschmerzbedingten Einschränkungen im Alltag erfasst.

 

Die Teilnehmenden gehörten im Alltag zu den "Vielsitzern" und waren in der Freizeit moderat aktiv – wobei sich diesbezüglich die Personen mit und ohne Rückenschmerzen nicht unterschieden. Die Rückenschmerzgruppe war durch die Schmerzen gemäss ODI-Score im Schnitt nur minimal eingeschränkt. 

 

Dabei zeigten die Personen mit Rückenschmerzen

  • eine verringerte Kraft der Rumpfflexoren und -extensoren
  • eine asymmetrisch reduzierte Kokontraktion der Rumpfflexoren und -extensoren bei der dynamischen Kraftmessung
  • eine Korrelation der Einschränkungen im Alltag (ODI) und der Ausdauerleistung im Sorensentest.

Letzteres war insofern bemerkenswert, weil 23% der Einschränkung durch die Ausdauerleistung erklärt wurde – erstaunlich viel, wenn man beachtet wie viele andere Faktoren eine Rolle spielen könnten.

 

Die Ausdauerleistung bezüglich der Haltezeit im Soerensen Test, wie auch die Ermüdung in EMG der Rückenschmerzpatienten war unauffällig. 

 

Neben diesen Erkenntnissen ergaben sich für mich viele neue Fragen: wie hängen die eingeschränkte Kraft und Kokontraktion mit den Rückenschmerzen zusammen – ist es Ursache oder Folge der Rückenbeschwerden? Spielt Schmerzinhibition oder psychische Faktoren wie das Vertrauen in die Bewegung eine Rolle? Verbessern sich die Beschwerden wenn die Kraftentwicklung und Kokontraktion verbessert werden kann? 

 

Interessant war auch, dass viel Probanden mit Rückenschmerzen von sich aus erwähnten, dass sie wegen den Schmerzen Pilates oder anderes, auf Stabilität-/ Kraftausdauer ausgerichtetes Training durchführen. Vielleicht wäre hier im Training ein Fokus auf Kraftentwicklung und Kokontraktion interessant für mehr Effektivität? 

.. es bleiben viele spannende Fragen für weitere (Master-)arbeiten...

 

Mehr dazu: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34744065/

 

Weitere Informationen: corina.nueesch@usb.ch